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Beispiel einer Szenenanalyse: Bertolt Brecht – Das Leben des Galilei (1938 / 39)
Bild 3 (Auszug)
„Der Kurator stürzt herein“ bis „Sagredo zögert, an das Fernrohr zu gehen: Ich verspüre beinahe etwas wie Furcht, Galilei.“
Aufgabe
Analysiere den vorliegenden Dialog zwischen Galilei, Sagredo und dem Kurator (nach dem dir bekannten Schema zur Szenenanalyse), indem du insbesondere
Das Drama „Leben des Galilei“, verfasst von Bertolt Brecht in den Jahren 1938/39, handelt von dem italienischen Mathematiker und Physiker Galileo Galilei, der seine Lehre des kopernikanischen Weltbilds, in einer Welt, in der jede Lehre, die sich gegen das aristotelische Weltbild richtet, verboten ist, verbreiten möchte.
Der vorliegende Auszug des dritten Bildes, thematisiert ein Gespräch zwischen Galilei, Sagredo und dem Kurator, in dem der Kurator Galilei mit den Vorwürfen bezüglich des geklauten Fernrohrs aus Holland konfrontiert und Sagredo versucht Galilei zu verteidigen.
Das Gespräch ist nicht wirklich erzwungen, man kann es aber auch nicht als gewollt bezeichnen, da Galilei nicht wirklich ein Nahestehender des Kurators ist.
Des Weiteren findet dieses Gespräch statt, da Galilei zuvor seine neue Erfindung, das Fernrohr, der Republik Venedig vorgestellt hat und daraufhin mit Sagredo über seine Beweise für das kopernikanische Weltsystem redet, während der Kurator zur späten Stunde in das Gespräch hineinplatzt. Die Intention des Kurators ist es, die Wahrheit über die Vorwürfe herauszufinden, damit er seinen Ruf wieder einigermaßen herstellen kann, wohingegen Galilei den Kurator von seiner eigenen Wahrheit überzeugen möchte, um ungestört an seinen Beweisen über das kopernikanische Weltsystem weiterforschen zu können. Sagredo spielt hierbei eher die Unterstützer – Rolle Galileis, ohne zu wissen, dass sein Freund die Idee des Fernrohres geklaut hat. Insgesamt entwickelt sich das Gespräch eher in eine negative Richtung aus Sicht des Kurators, da Galilei nicht wirklich auf die Vorwürfe eingeht und der Kurator am Ende sauer aus dem Haus stürmt. Für Galilei und Sagredo entwickelt es sich in eine positive Richtung, da diese den Vorwurf vorerst von Galilei weg lenken konnten.
Der erste Sinnabschnitt (Z.1-12) handelt von dem stürmischen Unterbrechen des Kurators während des Gesprächs von Sagredo und Galilei. Es geht um das Fernrohr, welches nach Auffassung des Kurators keinen Wert mehr besitzt, jedoch ist sich Sagredo unsicher. Im zweiten Abschnitt geht es um die schweren Vorwürfe, Galilei habe das Fernrohr geklaut, jedoch verneint Galilei diese Anschuldigung und behaart vor dem Kurator auf seine Unschuld. Sagredo verteidigt seinen Freund und macht auf dessen neue Entdeckung aufmerksam, welche nach Galilei eine Bereicherung für die Schifffahrt sei. Jedoch möchte der Kurator davon nichts wissen und redet über seinen jetzigen schlechten Ruf aufgrund des bestehenden Verdachts (Z.13-45).
Im letzten Abschnitt (Z.46-58) geht es in dem Gespräch zwischen Sagredo und Galilei darum, dass Galilei die Anschuldigungen erneut von sich weist und auf Sagredos Nachfragen nicht eingeht, da er sein Handeln mit seinem bequemen Lebensstil, seiner Versorgung der Tochter Virginia und der Forschung rechtfertigt.
Schon zu Beginn, als „der Kurator [hinein stürzt]“ (Z.1), wird deutlich, dass Empörendes passiert sein muss, da der Kurator normalerweise gesittet in ein Haus hineintreten würde, was unter anderem an seiner höflichen Bitte nach einem Gespräch deutlich wird (vgl. Z.2f.).
Galilei geht auf dies ein, jedoch möchte er dieses Gespräch zusammen mit seinem Freund Sagredo führen, was für sein Vertrauen in ihn und für den Drang sein Wissen zu teilen spricht. Auffällig ist, dass der Kurator versucht, Galilei vor unangenehmen Situationen, die auftreten könnten, zu schützen, da er Galilei als einen eigentlich gescheiten Mann angesehen hat, was an „Es ist leider etwas ganz und gar Unglaubliches [passiert]“ (Z.7), deutlich wird. Galilei winkt ab, da er sagt, dass Sagredo es für normal hält, unglaubliche Sachen in seiner Umgebung zu erleben, womit er lobend auf seine eigenen Forschungen anspielt (vgl. Z8f.). Im weiteren Verlauf macht der Kurator nun Anspielungen auf die Vorwürfe. Das Zeigen auf das Fernrohr und die Aussage „Ich fürchte […] es ist nichts damit […]“ (Z.10f.) hebt hervor, dass dieses Fernrohr keine Bedeutung für die Welt hat, da es den eventuellen Erkenntnissen der aristotelischen Lehre entgegen spricht, was man hier aber nur als indirekten Hinweis sehen kann.
Daraufhin schildert der Kurator Galilei und Sagredo die Vorwürfe, auf die Galilei mit einem listigen „Tatsächlich“ (Z.17) antwortet. Hier wird deutlich, dass Galilei sich als unwissend ausgibt und seine Forschungen über die Wahrheit des Erfindungs-Ursprungs stellt, was zum einen seinen sehr egoistischen Charakterzug hervorbringt (vgl. Z.17), aber zum anderen auch seinen Drang zum Forschen. Sagredo unterstützt Galilei, was hier sein Vertrauen und Stolz auf die neuen Ergebnisse zur neuen Weltansicht darstellt (vgl. Z.10-21). Zudem fühlt sich Galilei aufgrund seiner wissenschaftlichen Kenntnisse dem Kurator überlegen, was an seiner Lache sichtbar wird (vgl. Z.22). Auf das Angebot des Galileis durch das Fernrohr zu schauen, um weltbewegende Informationen zu entdecken, geht der Kurator nicht ein, da er seinen Ruf höher als die Erfindung sieht und dies eventuell auch ein Zeichen von Angst darstellt, da ein neues Weltbild ihm seine Macht und Stellung in der Gesellschaft nehmen würde (vgl. Z.23-28). Sein gegensätzliches Handeln wird deutlich, da wenn er die Wahrheit hätte wissen wollen, durch das Rohr hätte gucken müssen.
Das Lachen Galileis steigert sich daraufhin, was einerseits sehr provokant wirkt, aber auch für Unsicherheit spricht, da die Beweise eindeutig sind, er aber um jeden Willen seine Forschungen fortführen möchte (vgl. Z.29).
Im weiteren Verlauf ergreift Sagredo abermals Partei für Galilei, jedoch möchte der Kurator nichts von den Werten des Fernrohrs für die Philosophie wissen und macht eher auf seine Enttäuschung in der Person Galileis aufmerksam, da er anscheinend etwas wie Stolz für die Erfindungen von Galilei empfunden hat (vgl. Z.31-35).
Die Reaktion auf dieses Verhalten, lässt sich wieder mit seiner Wissbegierde begründen, da er den Kurator auf eine eher schroffe Weise bittet „nicht [zu] schnell“ (vgl. Z.35) zu denken. Galilei versucht nämlich über wirtschaftliche Vorteile sein Handeln in Bezug auf das Fernrohr zu rechtfertigen, was abermals für seinen sehr hinterlistigen, aber gleichzeitig für seinen Drang nach Wissen spricht. Die provokanten Antworten und Bemerkungen Galileis, wie zum Beispiel das Lachen, führen zum Schluss dazu, dass der Kurator von den ständigen wissenschaftlichen Rechtfertigungen Galileis genervt ist (vgl. Z.40) und seine eigentliche Intention des Gesprächs, nämlich, sich über die Beschmutzung seines Rufes zu beschweren (vgl. Z.41ff.). Es wird deutlich, dass er von Galilei ausgenutzt wird, da er zu naiv und freundlich in Bezug auf das Fernrohr ist und eigentlich nicht aufgrund des eigentlichen Betruges das Gespräch mit Galilei sucht, um seinen Ruf wieder herzustellen. Dies steht abermals in Kontrast zu seinen Gefühlen, da er Galilei als Menschen zu schätzen weiß, er sich aber trotzdem mehr Gedanken um sich selber macht. Dies wird vor allem an seinem Zuschmiss der Tür (vgl. Z.45) und der Aussage „[Diese] Welt ekelt mich an!“ (Z.43f.) deutlich, da dies vor allem in Kontrast zu seinem anfangs freundlichen Verhalten steht.
Sagredo spricht Galilei daraufhin nochmals auf die Vorwürfe an, jedoch versucht dieser sich durch seinen geliebten Lebensstil zu rechtfertigen, da er ein Genussmensch ist und die Bequemlichkeit schätzt (vgl. Z.46-57). Zudem argumentiert er noch für die Versorgung seiner Tochter, da er sich ihr gegenüber verantwortlich fühlt. Insgesamt wird also deutlich, dass das Handeln des Kurators teilweise in Gegensatz zu seinem Befinden steht und Galilei gerne glauben würde, was aufgrund seiner Rufschädigung aber nicht möglich ist. Galileis provokante Reaktionen sind insgesamt der Grund für die Ausartung des Gesprächs. Das Bild ist insofern bedeutend, als Sagredo und Galilei nun ohne Barrieren weiterforschen können und sich wieder den Beweisen für das kopernikanische Weltsystem hingeben können, welche sie in der darauf folgenden Nacht entdecken werden. Zudem wird abermals die Macht der oberen Gesellschaft deutlich, die sich gegen neue Entdeckungen richtet und sich eher um den eigenen Ruf als die Wahrheit kümmert.
Julia, 10. Klasse, Gymnasium. Die Szenenanalyse wurde mit der Note 1- bewertet.
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